Die Freiarbeit bildet einen wesentlichen Bestandteil unseres Unterrichts und kommt dem Bedürfnis des Kindes nach individuellem Lernen in besonderer Weise entgegen. In der Freiarbeit wählt das Kind aus einem strukturierten Materialangebot (Montessori nennt dies die vorbereitete Umgebung) frei aus, was es für seine Entwicklung und Lernfortschritte braucht. Das Kind bestimmt weitgehend die Dauer und den Schwierigkeitsgrad seiner Tätigkeit und entscheidet, wenn möglich, selbst über die Wahl der Sozialform (Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit). Die Kinder können also solche Aufgaben wählen, die genau ihrem Leistungsstand entsprechen.
In der Freiarbeit lernen und arbeiten Kinder unterschiedlichen Alters gemeinsam. Eine altersgemischte Klasse schafft vielfältige Gelegenheiten, voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu helfen, um Hilfe zu fragen, selbstständig zu werden und Konkurrenzängste abzubauen. Die Entwicklung des Sozialverhaltens der Kinder wird positiv begünstigt, unterschiedliche Leistungsstärken und –grenzen werden ganz selbstverständlich berücksichtigt und geachtet. Das Konkurrenzdenken rückt in den Hintergrund, das Helferprinzip fordert das Miteinander.
Das Ermöglichen von Konzentration ist eine zentrale pädagogische Aufgabe der (Montessori-) Freiarbeit. Konzentration stellt sich ein, wenn die Lehrerinnen die sensiblen Phasen sorgfältig beobachten und in den Klassenräumen entwicklungsspezifische Lernangebote (das "Montessori-Material") für das Kind bereithalten. Die Montessori-Arbeitsmittel wurden von Maria Montessori als didaktische Materialien entwickelt, die geistige Prozesse versinnbildlichen und abstrakte Elemente unseres Kulturbereiches (wie z. B. das Dezimalsystem im goldenen Perlenmaterial) im wörtlichen Sinne begreifbar machen. Das Material ist so aufgebaut, dass es stufenweise vom Konkreten zum Abstrakten führt und dabei möglichst viele Sinne mit einbezieht. Bei der Arbeit mit den Sandpapierbuchstaben kann das Kind z. B. den Buchstaben gleichzeitig sehen, ertasten und den dazugehörigen Laut hören. Das Material zeichnet sich durch einen hohen Aufforderungscharakter aus und ermöglicht dem Kind in der Regel eine selbstständige Fehlerkontrolle. In der Freiarbeit lernen die Kinder, wie man lernt. Es werden Kenntnisse, Fähigkeiten und Techniken erworben, die für das gegenwärtige sowie zukünftige Lernen notwendig sind.
In diesem Zusammenhang kommt der vorbereiteten Umgebung eine wichtige Bedeutung zu. Sie muss dem Kind Anregungen und Möglichkeiten bieten, die in ihm liegenden Fähigkeiten zu entfalten. Die Umgebung und das Material müssen die Neugier der Kinder wecken und es zu einer Tätigkeit herausfordern. Erst so können sich Konzentration und Lernerfolg einstellen.
Um einen situativen Bezug zum Alltag der Kinder zu gewährleisten, werden wechselnd Thementische mit jahreszeitlichem oder/und unterrichtlichem Bezug angeboten.